Sonntag, 30. August 2009

Hacker-Tools und Dual Use: die halbe Wahrheit

Die Herstellung, Beschaffung und Verbreitung von Hacker-Tools ist nach § 202 c StGB strafbar. Der Geschäftsführer eines auf IT-Sicherheit spezialisierten Unternehmens und ein Hochschullehrer für Informatik stellten sich angesichts dieses Umstands die Frage, wie sie ihren Beruf überhaupt ausüben sollen, wenn bei der Nutzung von Hacker-Tools, die ihr Berufsbild nun einmal mit sich bringt, der Staatsanwalt sozusagen als Hintergrundprozess mitläuft. Als nächstes stellten sie diese Frage dem BVerfG. In salomonischer Weise hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde gar nicht erst angenommen (BvergE, BeckRS 2009, 35013). Hiermit dürften beide Beschwerdeführer allerdings nur hälftig zufrieden sein. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich gesagt, dass die Vorschrift über Hacker-Tools nur solche Software umfasst, die mit der Absicht entwickelt wurde, sie zur Begehung von Straftaten einzusetzen. Dabei muss, so das BVerfG, sich diese Absicht auch objektiv manifestiert haben. Die bloße Eignung von Programmen für kriminelle Zwecke reicht nicht aus. Erfasst sind daher keine Dual-Use-Tools , die sowohl zur Begehung von Straftaten als auch für legitime Zwecke genutzt werden können. Dass dies der Beschwerde zu Grunde liege, hatten beide Personen aber nicht vorgetragen.

Die beiden Beschwerdeführer haben jetzt 1/2 volles oder 1/2 leeres Glas. Ob Software, die sie im Rahmen ihrer erlaubten beruflichen Tätigkeit erlaubter Weise nutzen, mit der Absicht entwickelt wurde, sie zur Begehung von Straftaten einzusetzen, wird sich kaum in jedem Fall ausschließen lassen. In der Regel dürfte gerade eine solche Software für den Betreiber eines Unternehmens für IT-Sicherheit besonders interessant sein. Häufig sind Hacker kreativer als die eigenen Mitarbeiter, häufig unterliegen diese Hacker aber auch keiner deutschen Strafgewalt. Da faktisch jedes Hacker-Software auch zu legitimen Zwecken, nämlich zur Förderung der IT-Sicherheit genutzt werden kann, dürfte bei konsequenter Anwendung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Vorschrift des § 202 c StGB ganz wesentlich leerlaufen. Nach aller Erfahrung mit Staatsanwaltschaft und Strafgerichten tut sie das aber nicht. Es bleibt also den Gerichten und den Anwälten überlassen, in der Praxis zu klären, was ein Dual-Werkzeug ist, und wann und wieweit sich die Absicht zum Einsatz von Straftaten objektiv manifestiert hat. Es wäre schön gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht zumindest zur Frage des Dual-Use Werzeugs näher Stellung genommen hätte. Allein dies wäre im Sinne der deutschen IT-Spezialisten gewesen, die für ihre deutschen Unternehmen Rechtssicherheit und nicht Restriktionsängste benötigen.

Montag, 17. August 2009

Der Freewareirrtum (BGH 20.5.2009, I ZR 239/06)

Softwareurheberrecht: Irrtum über Freeware (BGH 20.5.2009, I ZR 239/06)
Wer ein Softwareprogramm zum Download ins Internet einstellt, muss genau prüfen, ob der Urheber das Programm auch tatsächlich zur öffentlichen Zugänglichmachung freigegeben hat.
Im entschiedenen Fall stellte die Klägerin Software her und bot eine kostenpflichtige und eine kostenlose Light-Version im Internet an.
Durch ein Versehen hatte ein Professor einer FH die Vollversion der Software auf den UNI-FTP Server eingestellt. Die Downloadattraktivität war ein für alle seiten überraschender Erfolg. Die Softwareherstellerin empfand, dass sie geschädigt sei und machte Schadensersatz gegenüber dem Land geltend, dass den Professor beschäftigte, was aber ein Verschulden vorraussetzt.
Der BGH hat entschieden: Der Professor hat Schuld, und damit auch das beklagte Land. Leichte zwar, aber immerhin. Im Urheberrecht gilt nämlich eine sehr hohe Sorgfaltsanforderungen, so dass bereits leichte Fahrlässigkeit den Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung begründet. Dies gilt besonders, so der BGH, wenn ein Computerprogramm zum Download ins Internet eingestellt wird. Denn dies gefährdet die Verwertungsrechte des Softwareherstelleres in besonderem Maße, weil eine solche, zum Download bereitgestellte, Software zu jedem Zeitpunkt von einer erhebliche großen Mengen von Menschen verfeilfältigt werden kann.
Unerheblich ist, dass es keine Anhaltspunkte gab, dass es sich bei der bereitgestellten Software nicht um die Freewarevariante handelte. Eben dies hätte genau geprüft werden müssen, was der Professor nicht tat und daher fahrlässig handeltet.
www.anwalt-strieder.de www.telefonrechtsrat.de