Montag, 28. September 2009

Wertersatz beim Widerruf? Der EuGH (Europäischer Gerichtshof) hilft.

Der europäische Gerichtshof hat auf eine Vorlage eines deutschen Gerichts hin eine Entscheidung getroffen, die mittlerweile durch viele Blogs, Newsletter und Abhandlungen geistert. Etwas vereinfacht hat der EuGH (Urteil vom 03.09.2009 , Rechtssache C-489/07) auf eine Vorlage eines deutschen Gerichts zu der Frage, ob es mit einer europäischen Richtlinie vereinbar ist, vom Verbraucher beim Widerruf eines Fernabsatzgeschäftes bei Rücksendung der Ware Wertersatz geltendmachen zu können, entschieden. Der europäische Gerichtshof hat die Vorlagefrage mit dem halb vollen und halb leeren Wasserglas beantwortet. Bisher ist aber nur vom halbleeren Wasserglas, der Katastrophe für die Online-Händler, zu lesen, die aus dieser Entscheidung resultieren soll. Die "Erschütterung des Versandhandels", die nach der Entscheidung teilweise propagiert wird, dürfte allerdings eher milde ausfallen. Nimmt man das "halbvolle Wasserglas" der Entscheidung, dann ist die Entscheidung so zu verstehen, dass Wertersatz nach wie vorgeltend gemacht werden kann, wenn der Verbraucher einen Fernabsatzvertrag wideruft und die Ware zurücksendet. Wertersatz entfällt nur dann nicht an, wenn dieser außer Verhältnis zum Kaufpreis steht oder, wenn der Wertersatz für die Nutzung oder Prüfung oder den tatsächlichen Besitz bis zum Zeitpunkt des Widerrufsrechts besteht. Das heißt, dass ein bloßer, pauschaler Wertersatz für den Besitz der Ware beim Widerruf nicht geltendgemacht werden kann. Meines Erachtens ist gerade Letztere nichts Neues. Wer eine verpackte Ware zurücksendet, in die er nicht nutzte, hat auch nach bisheriger Rechtslage keinen Wertersatz für die Nutzung geschuldet.

Es dürfte aber einen Streitpunkt geben. Schuldet der Verbraucher für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme und tatsächliche Nutzung bis zum Zeitpunkt des Widerrufs auch keinen Wertersatz für die Nutzung? Hierüber lässt sich nach der Entscheidung des EuGH tatsächlich noch keine abschließende Bewertung treffen. Der EuGH meint, dass Wertersatz (u.a.) nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung durchaus in Betracht kommt. Meines Erachtens trifft dies auf den Fall zu, dass der Verbraucher die Waren nicht nur bestimmungsgemäß in Gebrauch nimmt, sondern auch nutzt, und dann seine Vertragserklärung widerruft. In jedem Fall dürfte dies gelten, wenn der Verbraucher die Ware auch nach dem Widerruf nutzt, bei der Versandhändler allerdings beweisen muss. Bis zu einer Klärung dürften die Versandhändler allerdings in ihren Widerrufsbelehrung auf "sicher" gehen. Meines Erachtens sollte in eine Widerrufsbelehrung in jedem Fall aufgenommen werden, dass die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nicht zur Wertersatzpflicht führt. Zur Frage, ob die bestimmungsgemäße Nutzung nach Ingebrauchnahme zum Wertersatz führt, werden gerichtliche oder gesetzgeberische Entscheidungen abgewartet werden müssen.

Es ist allerdings zu hoffen, dass der Gesetzgeber wichtigeres zu tun hat.

Für die meisten Versandhändler dürfte die Entscheidung auch deswegen einer Praxis nichts ändern, da die wenigsten beim Widerruf einen geringfügigen Wertersatzbetrag vom Verbraucher gefordert haben. Mir ist jedenfalls nicht ein einziger Fall bekannt, in dem bei einem ordnungsgemäß ausgeübten Widerruf innerhalb von zwei Wochen oder einem Monat der Versandhändler einen solchen Wertersatz berechnet oder geltend gemacht hätte. Bei Verkäufen über die bei und gegebenenfalls Amazonen oder ähnliche Verkaufsplattformen kam ein solcher Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ohnehin nicht in Betracht.

Donnerstag, 3. September 2009

Den Falschen geworben: einmalige Werbemail rechtswidrig

Eine einzige Werbemail an ein Unternehmen, ohne Einwilligung erhalten, kann recht teuer werden. Das musste eine Werbeunternehmen erfahren, dass seine Werbung an eine Anwaltskanzlei per Mail gesendet hatte und prompt eine Abmahnung erhielt. Letzlich hat der BGH dem Anwalt des Anwalts recht gegeben.
Denn schon eine einzige, unverlangte Werbe-E-Mail an einen Unternehmer kann rechtsverletzend sein. Schon durch einen solchen Versand (bzw. Zugang) ist das Recht des Unternehmers an seinem Gewerbebetrieb (Eingriff in den sog. eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb)u.U. verletzt (BGH v. 20.5.2009, I ZR 218/07).
Solche unverlangte E-Mail-Werbung stört in der Regel den Betriebsablauf des Unternehmens. dieses ist nämlich mit dem Sichten und Aussortieren von Werbe- und E-Mails belastet, wofür ein zusätzlicher Werbeaufwand entsteht. Zudem können grundsätzlich auch zusätzliche Kosten huierdruch entstehen, zB für die Internet-Verbindung und E-Mail-Übermittlung durch den Content- und Host-Provider anfallen. E-Mailwerbung ist billige, schnell und automatisiert in großem Umfang zu versenden. Ohne eine Beschränkung der E-Mail-Werbung muss nach dem BGH mit einem starken Umsichgreifen dieser Art zu werben gerechnet werden.
Werbung ist nach dem Urteil "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern." Dazu zählt auch eine E-Mail, mit der einen Geschäftstätigkeit gegenüber einem Dritten dargestellt wird.
http://www.anwalt-strieder.de/ http://www.telefonrechtsrat.de/ http://www.fachanwalt-x-informationstechnologierecht.de/ http://www.internetrecht-leverkusen.de/